Frau G. – Das Theaterstück zum Sommerfest

10. Akt

Belhor Werden Sie die junge Frau weiter beobachten? Ich gehe davon aus, dass Sie nicht eingreifen werden.
G. Nein. Aber es ist schwer, dabei zuzusehen.
Belhor Sie müssen den Dingen ihren Lauf lassen. Sie haben sie schließlich in Gang gesetzt.
G. Ich hatte nicht die Absicht diese Familie leiden zu lassen. Die junge Frau hat nichts getan, was dieses Leiden rechtfertigt.
Belhor Sie hat die Entscheidung getroffen zu stehlen. Sie hätte sich anders entscheiden können.
G. Auf welcher Grundlage? Sie kannte doch die Alternativen nicht. Sie wäre dann ebenso unglücklich gewesen.
Belhor Warum weint sie dann? Sie bedauert ihre eigene Entscheidung, weil sie Schuldgefühle hat. Sie weint um ihrer selbst willen. Das ist alles.
G. Ich hätte eingreifen können. Ich hätte das verhindern können. Nein, sie war nur eine unter vielen. Wie konnte ich nur zusehen, ohne zu helfen?
Belhor Weil Sie in den anderen Milliarden Fällen auch nicht eingegriffen haben. Außerdem: Wie würden Sie handeln? Wen würden Sie den anderen gegenüber bevorzugen? Wem hilft das auf Dauer?
G. Hören Sie auf mich zu provozieren! Ich habe gesagt, ich werde nicht eingreifen.
Belhor Da bin ich froh. Nur so können wir aus der Gesamtheit der Fälle etwas lernen.
G. Was sollen wir von den Wesen lernen können? Sie sind sterblich.
Belhor Ihre Empathie spricht eine andere Sprache. Sehen Sie denn nicht, dass Bösartigkeit, Gier, Betrug und dergleichen, notwendig sind?
G. Notwendig? Ich hätte diese hässlichen Dinge verhüten sollen.
Belhor Bei allem Respekt, das wäre Ihnen nicht gelungen. Diese angeblich hässlichen Dinge sind ein zwingend notwendiger Bestandteil des Daseins, sie sind quasi alternativlos.
G. Nein, nein. Ich kann mir durchaus Geschöpfe vorstellen, die ganz und gar gut sind.
Belhor Was meinen Sie mit „gut“?
G. Dinge tun, die anderen nützen. Ein Leben der Schönheit gewidmet.
Belhor Wie genau definieren Sie „Schönheit“?
G. Sie wissen, was ich meine.
Belhor Ja, aber nur weil ich das Gegenteil kenne. Ich kenne das Böse und das Hässliche. Gut und Schön definieren sich über ihre Gegensätze. Damit sind miteinander verbunden. Das bedingt schon ihr erstes Gesetz.
G. Aber das sind physikalische Prinzipien, keine Regeln für den Geist!
Belhor Hatten Sie nicht selbst gesagt, die Regeln sollen für belebte wie unbelebte Materie gelten? Es gibt nichts Absolutes in diesem Universum. Was einmal gut ist, kann in einer anderen Situation abgrundtief böse sein.
G. Ich verstehe ihren Standpunkt, aber irgendetwas stimmt in Ihren Ausführungen nicht. Ich glaube nicht, dass das Böse notwendig ist. Es sind ja nur Kategorien. Man könnte auch ohne sie auskommen.
Belhor Trotzdem gibt es Geschöpfe, die Spaß daran haben anderen ein Leid zuzufügen. Man kann es Bösartigkeit nennen oder Egoismus.
G. Man kann nicht alles verhindern.
Belhor Eine klare Aussage. Danke.
Beide ab.

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Lutz Donnerhacke
Schlagworte:

1 Kommentar zu „Frau G. – Das Theaterstück zum Sommerfest“

  1. Constanze sagt:

    Es hat wahnsinnig viel Spass und Freude gemacht das Stück zu Proben und aufzuführen. Danke an alle die zum Gelingen des Stückes beigetragen haben.