Szene 2
Der junge Mann liegt auf den Stühlen, wie auf einem Bett.
Der junge Mann wacht auf und schaut sich verwundert um.
Mann: Wo bin ich? Was ist das für ein seltsamer Ort?
Stimme: Dies ist der Dom der Freiheit.
Mann: zu sich selbst Vermutlich träume ich nur.
Stimme: Du träumst mitnichten. Es gibt keinen realeren Ort als diesen.
Mann: listig Ist da jemand?
Stimme: Nein.
Mann: Das ist Unsinn! Wer auch immer Du bist – wenn Du „nein“ sagen kannst, so bist Du nicht niemand!
Stimme: Oh, welch scharfsinniger Gedanke! Du verwirrst mich. Kannst Du beweisen, was Du da behauptest?
Mann: Natürlich! Das liegt doch auf der Hand: Niemand kann nicht „nein“ sagen.
Stimme: Wenn dem so wäre, müsste ja das Gegenteil wahr sein?
Mann: Gewiss!
Stimme: Du behauptest also, dass niemand „ja“ sagen kann?
Mann: Nein!
Stimme: Nein?
Mann: Ja – also, d.h. nein.
Stimme: Ja oder nein? Oder meinst Du, ein „ja“ heißt so viel wie ein „nein“?
Mann: Ich will sagen, dass niemand, weil er eben niemand ist, weder „ja“ noch „nein“ sagen kann.
Stimme: Wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du das nur jemand, weil er jemand ist, ja oder nein sagen kann?
Mann: So ist es.
Stimme: Nun, das habe ich getan. Ich habe „nein“ gesagt. Warum sollte ich also Unsinn reden?
Mann: Weil, die Augen verdrehend niemand auf die Frage, ob jemand da ist, mit „nein“ antworten kann, ohne sich zu widersprechen!
Stimme: Verzeih, sagtest Du nicht gerade erst, dass niemand weder „ja“ noch „nein“ sagen kann …
Mann: Das hab‘ ich nicht gemeint!
Stimme: Was hast Du denn gemeint?
Der Mann hält sich die Ohren zu und wirft sich aufs Bett.
Lutz Donnerhacke
Schlagworte: Theater