Abschiedsgottesdienst Vikar Simon – 01.01.2014 – Martin-Niemöller-Haus

Am Neujahrstag 2014 hielt Vikar Andreas Simon seinen offiziell letzten Gottesdienst im Kirchengemeindeverband Lobeda, quasi den Abschiedsgottesdienst. Seine Predigt war Statement und Dank. Zugleich möchten wir danken: für seine geradlinige Art, für seine Impulse und für seine unmittelbare Kooperation in den Belangen der Kirchengemeinde; wobei sein Einsatz oft weit über den Rahmen der Anforderungen des Vikariats hinaus ging. Andreas Simon und seine Familie hat sich authentisch und engagiert in die Kirchengemeinde involviert, die Strukturen ausgefüllt und mit Innovation und Leben erfüllt. Dafür Dank und Anerkennung!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier die Predigt von Andreas Simon zum Nachlesen:

Predigt Phil 4,10-13
Paulus schreibt an die Gemeinde in Philippi: “Ich bin aber hocherfreut in dem Herrn, dass ihr wieder eifrig geworden seid, für mich zu sorgen; ihr wart zwar immer darauf bedacht, aber die Zeit hat’s nicht zugelassen.” Paulus bedankt sich in seinem Brief an die Gemeinde in Philippi dafür, dass die Gemeinde nach einer Zeit der Unterbrechung wieder begonnen hat ihn zu unterstützen. Auf diese Unterstützung ist er angewiesen um seine Arbeit gut machen zu können. Er hat einiges zu leisten und zu organisieren. Seine Gemeinden brauchen Orte, an denen sie sich treffen können. Diese müssen bereit gestellt werden. Die Reisen des Paulus müssen finanziert werden. Daneben sammelt Paulus eine Kollekte für die Gemeinde in Jerusalem. Also, wie heute bilden die kleinen Gemeinden den Rückhalt für ein ganzes Netzwerk kirchlicher Strukturen. Schließlich braucht Paulus auch den moralischen Rückhalt in seiner Gemeinde. Er hat etliche Gegner und Konkurrenten. Paulus braucht Leute, die hinter ihm stehen, sonst sieht er alt aus. Auch ich und andere Prediger, und auch die Kirchenmusiker und andere Mitarbeiter in den Gemeinden sind auf Unterstützung durch die Gemeinde angewiesen. Heute geht das eben über Kirchensteuer, Kirchgeld und andere Spenden aber auch durch tatkräftige Unterstützung im Alltag der Gemeinde. Und Menschen, die das was man tut gut finden, braucht man unbedingt. Wenn man nicht mehr miteinander kann, kann eine Gemeinde zerbrechen. Die Pfarrerinnen und Pfarrer müssen ihre Gemeinde im schlimmsten Fall verlassen. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter distanzieren sich vielleicht. Gute äußere Rahmenbedingungen und ein gutes Miteinander sind für unsere Arbeit absolute Voraussetzung. Es braucht Zusammenhalt und Solidarität, Verständnis und gegenseitige Unterstützung. Und vor allem muss man auch mal danke sagen. Da ich diese Gemeinde bald verlassen werde und heute wahrscheinlich das letzte mal in diesem Gemeindeverband Gottesdienst halte, möchte auch ich danke sagen. Danke für das viele Gute, dass ich in den vergangenen zweieinhalb Jahren in Jena Lobeda, in Rutha und Zöllnitz, in Drackendorf, Wöllnitz, Ilmnitz und Sulza erleben durfte. Danke sagen ist wichtig. Wenn man danke sagt, bringt man ein kleines oder größeres Ereignis im eigenen Leben zu einem guten Ende. Man schließt etwas ab und kann dann den Blick wieder nach vorn richten, und so auch auf das Jahr 2014 schauen und die Aufgaben, die vor einem liegen angehen. Bis man allerdings danke sagen kann, musste man einen Weg gehen. Und dieser war manchmal anstrengend. Es war ein Weg mit Hindernissen, Gegenwind und nicht zu selten auch mit Niederlagen. Der Apostel Paulus erlebte das mehr als genug. Manchmal ging es ihm nicht schlecht aber manchmal kam er auch an seine Grenzen. Manchmal hatte er Unterstützung. Manchmal aber wurde er angeklagt und sogar verfolgt. Im 2. Korintherbrief berichtet er: “Ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer. Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr unter Juden, in Gefahr unter Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern; in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße und außer all dem noch das, was täglich auf mich einstürmt, und die Sorge für alle Gemeinden.” Glücklicherweise haben wir heute in Deutschland ein einigermaßen gut funktionierendes Rechtssystem. Peitschenhiebe muss in Deutschland keiner fürchten und seine Religion kann man frei ausüben. Auch die soziale Absicherung ist nicht schlecht. Trotzdem kann einem immer etwas passieren. Es ist durchaus erlaubt zu fragen, wer sind die Räuber, die uns heute gefährlich werden können oder wer sind die falschen Brüder, von denen Paulus berichtet. Die Sorge um das eigene Leben und die Sorge um die Gemeinden, ob sie weiter bestehen können, ist auch heute groß. Die Gemeinden werden kleiner und hauptamtliche Mitarbeiter werden weniger. Die Sorge um unser Leben und um die Gemeinden ist da. Paulus nimmt das bescheiden, er schreibt: “Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie’s mir auch geht. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.” Der Glaube an Gott macht Paulus mächtig. Durch den Glauben übersteht er die harten und gefährlichen Zeiten. Im Römerbrief schreibt er von seiner Glaubensgewissheit: “Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? … all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat.” (Röm 8,35.37). Wie gehen Sie in das kommende Jahr? Wie macht die Kirchengemeinde weiter? Wird sie zerrüttet durch den Mangel, durch Streitereien oder durch äußere Strukturen? Ein Pfarrer und ein Vikar werden in 2014 nicht mehr da sein. Oder werden Sie getragen und werden mächtig durch den, der sie und ihre Gemeinde liebt, durch Gott? Haben sie Vertrauen und gegenseitige Unterstützungsbereitschaft füreinander übrig? In dieser Gemeinde gibt es viel zu tun. In dem im letzten Jahr gegründeten Kirchengemeindeverband ebenso. Ich persönlich habe die Gemeinden, mit denen ich hier zu tun hatte, so kennengelernt, dass man vieles gemeinsam schaffen kann. Es ist nun abschließend noch zu fragen, was genau eine Gemeinde, neben den ganzen Strukturen, an sozusagen ideellen Werten braucht um gut arbeiten zu können. Und davon kann man bei Paulus einiges lernen. “Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie’s mir auch geht”, schreibt er. Es braucht ein beständiges Lernen. Man sollte sich nicht mit dem begnügen, was ist, wenn es einem auch bequem vorkommt. Man muss lernen, beobachten, analysieren, entscheiden und Verantwortung übernehmen, “wie es einem auch geht”. Paulus schreibt weiter: “Ich kann niedrig sein und kann hoch sein.” Alle Ebenen und alle Menschen, egal welchen Lebenshintergrund sie haben, reich oder arm, einflussreich oder zurückhaltend, studiert oder ungelernt, Deutsche oder Migranten, Alt oder Jung, alle sind gleich wichtig. Offenheit und Bescheidenheit sind entscheidende Werte. Niemand hat das Recht sich über einen anderen, wegen seiner Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, gesellschaftliche Stellung oder anderer Kriterien zu erheben. Es ist alles menschlich. Jeder hat seine Geschichte. Und jeder hat es verdient Zuwendung zu erfahren und eine Chance zu bekommen. Und jeder kann dieser Gemeinde etwas geben ohne dass sie sonst ärmer wäre. Das macht meiner Meinung nach christliche Gemeinde aus. Schließlich schreibt Paulus weiter: “mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden.” Eine Gemeinde muss sich fragen, was ihr wichtig ist. Ein Gemeindezentrum ist etwas Schönes und freilich gibt es auch Baustellen, die versorgt sein wollen. Aber es kann nicht das Wichtigste sein sich hübsch einzurichten. Das Wichtigste muss sein, dass man kreative Ideen entwickelt, die dazu beitragen, dass unsere Räume wieder mehr mit Menschen gefüllt werden. Und dazu muss man vielleicht auch mal sehr unbequeme und riskante Wege gehen. Wenn eine Gemeinde so lebt, braucht sie, glaube ich, keine Angst zu haben und kann getrost danke sagen. Sie darf fröhlich in die Zukunft schauen, denn dann vermag sie alles durch den, der sie mächtig macht. Amen.

 

Ralf Krieg

Kommentieren ist momentan nicht möglich.